Stolpersteine Pommersche Str. 12 A

Hauseingang Pommersche Straße 12a

Hauseingang Pommersche Straße 12a

Diese Stolpersteine wurden am 8. April 2022 verlegt.

Stolperstein Martin Solms

Stolperstein für Martin Solms

HIER WOHNTE
MARTIN SOLMS
JG. 1874
DEPORTIERT 29.10.1941
LODZ / LITZMANNSTADT
1942 CHELMNO / KULMHOF
ERMORDET 4.5.1942

Martin Solms wurde am 14. August 1874 in Stettin geboren. Er war der Sohn eines Fabrikanten für Industrietextilien und folgte in der Ausbildung dem Vorbild seines Vaters, sodass er durch seine zielstrebige Arbeit das Geschäft mit seinem Bruder übernehmen konnte und schließlich Firmeninhaber von „Gebrüder Solms“ am bekannten Manzelbrunnen in Stettin wurde.

Martin Solms

Martin Solms

Martin heiratete Else Rosenthal, die 1891 geboren wurde. Das Ehepaar zog nach Berlin in die Wohnung in der Pommerschen Straße, die er als seinen Lieblingsort bezeichnete. Er war aber gleichzeitig noch beruflich häufig in Stettin in seiner Firma tätig.
Das erste Kind, der Sohn Werner Adolf, wurde am 5.10.1911 in Stettin geboren. (Mit zunehmenden antijüdischen Gesetzen änderte er seinen Vornamen 1936 in Werner Marco.) Er besuchte das Gymnasium in Berlin, studierte danach Politikwissenschaft in Prag und immatrikulierte sich an der Universität von Perugia in Italien. Im November 1938 wurden jedoch auch in Italien Rassengesetze verfügt, um Juden aus dem öffentlichen Leben auszuschließen. Werner Marco musste sich verstecken, wurde doch entdeckt und in ein KZ in Kalabrien verschleppt. Erst nach der alliierten Invasion Italiens 1943 fand er die Möglichkeit, sich an die Alliierten zu wenden und konnte schließlich bei den britischen Streitkräften arbeiten.
Das zweite Kind, Erika, erblickte am 11. März 1919 das Licht der Welt. Sie erkrankte an Leukämie und starb im jungen Alter von 11 Jahren in einer Klinik in Zürich.
Werner Marco beobachtete die Situation in Deutschland sehr genau und versuchte immer wieder, seine Eltern zur Ausreise zu bewegen.
Martin Solms ließ sich aber erst 1938 anlässlich eines Besuchs bei seinem Sohn in Rom überzeugen, Deutschland zu verlassen.
Nach der Bezahlung der Reichsfluchtsteuer versuchten die Eltern, mit einem Schiff nach Shanghai auszureisen, wohin schon Else Solms Schwester geflüchtet war. Sie schafften es, einen Container voll mit den wichtigsten Dingen aus der Wohnung nach Shanghai zu schicken. Doch dann wurden nach dem Kriegsbeginn 1939 die Schifffahrtswege aus Deutschland gesperrt. Martin Solms kaufte Fahrkarten für die Zugreise mit der Transsibirischen Eisenbahn, um auf diesem Wege nach Shanghai zu gelangen, aber dies scheiterte an bürokratischen Schwierigkeiten.
So mussten sie in der fast leeren Wohnung ausharren, sie waren zwar noch frei, aber fühlten sich doch wie Gefangene.
Am 16.Oktober hatte das Ehepaar die Vermögenserklärung abzugeben und am 27. Oktober 1941 wurden sie in die als Sammelstelle umfunktionierte Synagoge Levetzowstraße getrieben und von dort unter unwürdigsten Bedingungen, eingepfercht in enge Waggons, in das Ghetto Litzmannstadt in Lodz in das von den Nationalsozialisten besetzte Polen deportiert.
Im Mai wurden Martin Solms und seine Frau nach Chelmno/Kulmhof gebracht und dort am 4. Mai 1942 ermordet.

Stolperstein Else Solms

Stolperstein für Else Solms

HIER WOHNTE
ELSE SOLMS
GEB. ROSENTHAL
JG. 1891
DEPORTIERT 29.10.1941
LODZ / LITZMANNSTADT
1942 CHELMNO / KULMHOF
ERMORDET 4.5.1942

Else Rosenthal wurde am 28. August 1891 in Lauban, Schlesien geboren. Sie war schon in jungen Jahren an Musik interessiert, wurde eine talentierte Pianistin, die häufig öffentliche Konzerte gab. Als sie Martin Solms kennenlernte und ihn heiratete, musste sie ihre berufliche Karriere vernachlässigen. Sie spielte zwar noch Klavier, gab aber nur noch zu Hause kleine Konzerte. Als der erste Sohn Werner Adolf im Jahr 1911 geboren wurde – und besonders seit der Geburt der kleinen Erika – musste sie sich um die Kinder und den Haushalt kümmern. Gerade die kranke Tochter bereitete der Mutter große Sorgen.
Trotz aller Fürsorge starb diese 1930 in einer Klinik in Zürich an Leukämie.
Ab 1933 wurden die Lebensbedingungen immer schwieriger und nahestehende Menschen verließen Deutschland, wie ihre Schwester, die nach Shanghai auswanderte.
Durch intensive Überzeugungsarbeit des Sohnes beschloss das Ehepaar schließlich doch, Deutschland zu verlassen und die große Summe der Reichsfluchtsteuer zu bezahlen.

Else Solms

Else Solms

Mit dem Überfall auf Polen durch die deutsche Wehrmacht im September 1939 und damit dem Beginn des Krieges waren alle Fluchtwege versperrt. Sie füllten noch einen Container mit den Möbeln aus ihrer Wohnung und hatten deshalb beim Ausfüllen der Vermögenserklärung am 16.10.1941 nur noch Angaben über wenige Habseligkeiten, zu machen. Für die erhoffte Ausreise hatten sie noch einiges beiseitegelegt, was sie während der der langen Reise gebraucht hätten: wenige Kleidungsstücke, Reisetaschen, etwas Schmuck und – für Else ganz wichtig – ihre Noten.
Sie wurde mit ihrem Mann aus der Wohnung geholt, in die Synagoge Levetzowstraße, die als Sammellager diente, gebracht und zwei Tage später im Zug unter unsäglichen hygienischen Zuständen ihrer Würde beraubt und ins Ghetto Litzmannstadt bei Lodz, einer Stadt im besetzten Polen verfrachtet.
Dort mussten sie unter schrecklichen Bedingungen und Entbehrungen leben und Hunger erleiden. Im Mai 1942 wurden sie in das Lager Chelmno/ Kulmhof gebracht und am 4. Mai 1942 ermordet.
Quellen: Bundesarchiv, Landeshauptarchiv Brandenburg, Private Berichte

Text: Fulvio Simon Solms; Stolperstein- Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf