Stolpersteine Hildegardstr. 31

Hauseingang Hildegardstraße 31

Hauseingang Hildegardstraße 31

Diese Stolpersteine wurden am 8. April 2022 verlegt.

Stolperstein Bruno Lasnitzki

Stolperstein Bruno Lasnitzki

HIER WOHNTE
BRUNO LASNITZKI
JG. 1898
DEPORTIERT 2.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Bruno wurde am 7. September 1898 in Lauenburg, Ost-Pommern, geboren als Sohn von Adolf Lasnitzki und Jenny geb. Weinstock. Die Familie zog bald nach Brunos Geburt nach Berlin. Bruno hatte einen älteren Bruder, Arthur, und später eine jüngere Schwester, Ilse (meine Mutter). Seine Geschwister studierten später Medizin und überlebten die Nazizeit, indem sie Deutschland verließen und nach Großbritannien flohen, wo sich beide auf Krebsforschung spezialisierten. Brunos Vater, ein wenig erfolgreicher Geschäftsmann starb 1917 plötzlich an einem epileptischen Anfall.

Bruno wurde eingezogen, sobald er 18 Jahre alt war und wurde an die russische Front geschickt. Seine Mutter Jenny war in dieser Zeit in größter Sorge um ihn.

Nach dem Krieg trat Bruno in die „Schuhmanufaktur Pinner und Weinstock“ in der Rosenthaler Straße ein, die seinem Onkel Georg Weinstock gehörte. Das ermöglichte ihm, seine verwitwete Mutter und die kleine Schwester finanziell zu unterstützen. 1926 heiratete er Jetty Stark (genannt Etty) und ihre Tochter Susi kam ein Jahr später zur Welt. 1932 wurde die Manufaktur liquidiert. Bruno hatte inzwischen Erfahrung als Vertreter für Schuhe und sein Geschäftsbereich war ganz Deutschland. 1934 hatte er ein eigenes Schuhgeschäft in der Klosterstraße 4.

1935 floh seine Schwester Ilse aus Berlin zunächst nach Dänemark, später über Belgien in die Schweiz. Solange es Bruno möglich war, schickte er ihr monatlich 10 Mark. Auf dem Foto vom 11. September 1938 machen die drei Bruno, Etty und Susi den Eindruck einer fröhlichen, gutsituierten Mittelklasse – Familie. Aber das genaue Gegenteil war der Fall. 1938 wurde Brunos Schuhgeschäft geschlossen und die Familie hatte kein Einkommen mehr. Nach Ausbruch des Krieges wurde Bruno zur Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik verpflichtet.

Am 2. März 1943 wurde Bruno mit dem Transport 32 deportiert. Zusammen mit etwa 1800 Menschen – wie Vieh in Waggons zusammengepfercht – wurde er ins Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz gebracht. Kurz darauf wurde er ermordet. Bruno war 44 Jahre alt.

Ilse, die Mutter von Miriam Glucksmann, fühlte sich für den Rest ihres Lebens schuldig, dass sie ihn und seine Familie nicht retten konnte.

Es gibt noch eine berührende Geschichte: Im Dezember 1940 heiratete Ilse Alfred Glucksmann -ebenfalls ein Flüchtling – in Cambridge. Alfreds Eltern lebten in Gleiwitz in Schlesien, wo sie ein Schuhgeschäft hatten. Alfred schrieb ihnen über das Rote Kreuz, um sie über seine Heirat mit Ilse zu informieren und sie schrieben sofort zurück, ob Ilse mit Bruno Lasnitzki verwandt sei, der ihnen viele Jahre Schuhe verkauft habe! Sie konnten nicht ahnen, als Bruno damals bei ihnen war, dass sich ihre Wege ein zweites Mal kreuzen würden – in Auschwitz. Weniger als zwei Jahre später erlitten Alfreds Eltern, Adolf und Selma Glucksmann, dasselbe Schicksal. Sie waren unter den ersten, die im Mai 1942 nahe Auschwitz ermordet wurden.

Susi, Jetty und Bruno Lasnitzki, 11. September 1938

Susi, Jetty und Bruno Lasnitzki, 11. September 1938

Quellen:
Bericht Miriam Glucksmann, Essex, UK
Yad Vashem, Deportationslisten, Arolsen Archiv, Jüd. Gewerbebetriebe in Berlin 1930-45

Jetty Stark wurde am 27. Juni 1901 in Berlin geboren. Sie wurde Etty genannt und hatte mehrere Geschwister. Ihre Schwägerin Ilse beschrieb sie als hübsches blondes Mädchen, das gar nicht jüdisch aussah. Brunos Mutter war erleichtert, als sie entdeckte, dass Etty einer ziemlich orthodoxen jüdischen Familie entstammte. Und das, obwohl ihr eigener zweiter Ehemann ein Nichtjude war. Bruno und Etty heirateten 1926 und Susi wurde ein Jahr später geboren.

Etty war Hausfrau und Mutter. Nach dem Ausbruch des Krieges wurde sie wie ihr Ehemann zur Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik verpflichtet. Es ist nicht vorstellbar, dass sie irgendwas verdienten, geschweige denn genug, um davon zu leben. Schon lange zuvor war Bruno daran gehindert, Geld zu verdienen und die Familie hatte praktisch kein Einkommen. Es wird so sein, dass entfernte Verwandte aus der Stark Familie in Pittsburgh, Pennsylvania, ihnen etwas Geld schickten.

Als Ilse in Cambridge angekommen war, bat Bruno sie, zwei von Ettys Brüdern zu helfen, die mit ihrer Mutter nach Australien fliehen wollten. Trotz mehrerer Briefe hat sie nie wieder von ihnen gehört und nie erfahren, ob sie fliehen konnten. Es muss allerdings einem ihrer Geschwister gelungen sein, nach Palästina zu fliehen. Ein Neffe mit israelischer Anschrift suchte im Yad Vashem Archiv nach seiner Tante Etty.

1946 erkundigte sich Ilse in Berlin nach dem Verbleib von Bruno und Etty und erhielt die falsche Auskunft, dass sie 1942 deportiert worden seien. In Wahrheit waren beide bis 1943 Zwangsarbeiter in Rüstungsbetrieben. Am 12. März 1943, 10 Tage nach Bruno, wurden Etty und Susi nach Auschwitz verbracht. Etty war 41 Jahre alt, als sie ermordet wurde.

Susi Lasnitzki

Susi Bianca wurde am 24. Juli 1927 in Berlin geboren. Sie war in der Familie die viel geliebte Tochter und Enkeltochter. Wenig ist von ihr bekannt, aber auf dem Foto vom September 1938 sieht sie wie eine lebendige und selbstbewußte Elfjährige aus. Man kann nur spekulieren, was sie hätte erreichen und wie sie hätte leben können, wenn ihr Leben nicht so grausam verkürzt worden wäre. Im Oktober 1939 wurde Susi, wie ihre jüdischen Mitschüler, von der „normalen“ Schule vertrieben und schrieb sich ein in die Holdheimschule in der Nürnberger Straße 66. Das war ein privates Realgymnasium der Jüdischen Reformgemeinde. Wenig später, nach der Reichspogromnacht im November 1939 existierte die Gemeinde nicht mehr und die Schule wurde geschlossen. Von da an hatte Susi gar keine Bildungsmöglichkeit mehr. Ob sie dann auch in Rüstungsbetrieben arbeiten musste, wie ihre Eltern, ist nicht überliefert. Bekannt ist aber, dass andere Jugendliche das mussten.

Susi wurde mit ihrer Mutter mit dem Transport I/36 am 12. März 1943 nach Auschwitz deportiert. Es ist zu hoffen, dass beide zusammen waren, als sie starben. Susi hat ihren 16. Geburtstag nicht mehr erlebt.

Bericht von Miriam Glucksmann, Essex, UK für ihre Mutter Ilse Lasnitzki-Glucksmann (1908-2000), Schwester von Bruno.
Quellen:
Yad Vashem, Deportationslisten, Arolsen Archiv

Stolperstein Jetty Lasnitzki

Stolperstein Jetty Lasnitzki

HIER WOHNTE
JETTY LASNITZKI
GEB. STARK
JG. 1901
DEPORTIERT 12.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein Susi Lasnitzki

Stolperstein Susi Lasnitzki

HIER WOHNTE
SUSI LASNITZKI
JG. 1927
DEPORTIERT 12.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ