Stolpersteine Kaiserdamm 13

Hausansicht Kaiserdamm 13

Hausansicht Kaiserdamm 13

Diese Stolpersteine wurden am 7. Oktober 2022 verlegt. Diese Stolpersteine wurden vom Künstler Gunter Demnig in Anwesenheit der Urenkelin von Bertha Blau, Robin Greenwald-Blau und ihrer Familie sowie des Berliner Kultursenators Klaus Lederer am 7. Oktober 2022 verlegt. Sie wurden von der Stiftung KUNSTFORUM der Berliner Volksbank gGmbH gespendet.

Stolperstein Frieda Behrendsohn

Stolperstein Frieda Behrendsohn

HIER WOHNTE
FRIEDA
BEHRENDSOHN
JG.1893
DEPORTIERT 5.9.1942
RIGA
ERMORDET 8.9.1942

Frieda Behrendsohn wurde am 22. Februar 1893 in Liebstadt, Kreis Mohrungen (Ostpreußen), geboren. Ihre jüngere Schwester Betty kam am 6. Oktober 1897 ebenfalls in Liebstadt zur Welt.

Frieda Behrendsohn war nicht verheiratet und lebte – vermutlich bis 1939 – in Großgarten Kreis Angerburg in Ostpreußen (heute Pozezdrze, Woiwodschaft Ermland-Masuren). Offenbar ist sie jedoch Anfang 1939 zu ihrer Schwester Betty Lewinski nach Berlin gezogen, die zu diesem Zeitpunkt in Charlottenburg, Kaiserdamm 13 lebte. In der Volkszählung vom 17. Mai 1939 wurde auch Frieda unter dieser Adresse registriert.

Zu Frieda Behrendsohn konnten nur wenige weitere Informationen gefunden werden. In den Berliner Archiven sind keine Akten vorhanden. Vorhandene Spuren beziehen sich auf von einer Kusine für Frieda und Betty bei Yad Vashem hinterlegte Gedenkblätter. Aus diesen Gedenkblättern geht lediglich zweifelsfrei hervor, dass die Genannten aus Liebstadt stammten und zu den Shoa-Opfern gehören. Franziska wird als Mutter von Frieda und Betty genannt, zu ihr gibt es jedoch keine weiteren Spuren.

Am 5. September 1942 wurde Frieda Behrendsohn mit dem sogenannten „19. Osttransport” vom Güterbahnhof Moabit mit weiteren 795 Menschen nach Riga deportiert. In der Transportliste ist sie mit der Nummer 107 eingetragen. Als Adresse, von der aus sie deportiert wurde, wird Schlüterstraße 48 in Berlin Charlottenburg vermerkt. Dorthin war sie sicher vor der Deportation zwangsweise „umgesiedelt”.worden.

Aus diesem Transport wurden 80 Männer mit handwerklichen Fähigkeiten als Zwangsarbeiter zunächst am Leben gelassen – von ihnen überlebten nur 6 den Krieg. Alle anderen – unter ihnen auch Frieda Behrendsohn – wurden unmittelbar nach der Ankunft am 8. September 1942 in umliegenden Wäldern ermordet.

Recherche und Text: Stiftung KUNSTFORUM der Berliner Volksbank gGmbH und Sabine Davids
- Berliner Adressbücher
- Gedenkbuch Bundesarchiv
- Yad Vashem
- Deportationsliste
- Alfred Gottwald, Diana Schulte: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, eine kommentierte Chronologie. marixverlag, Wiesbaden 2005

Stolperstein Betty Lewinski

Stolperstein Betty Lewinski

HIER WOHNTE
BETTY LEWINSKI
GEB.BEHRENDSOHN
JG. 1897
DEPORTIERT 26.9.1942
ERMORDET IN
RAASIKU

Betty Lewinski, geb. Behrendsohn, kam am 6. Oktober 1897 in Liebstadt, Kreis Mohringen in Ostpreussen, zur Welt. Sie hatte eine ältere Schwester Frieda, die am 22. Februar 1893 ebenfalls in Liebstadt zur Welt kam.

Betty heiratete Alfred Lewinski. In ihrer Vermögenserklärung, die sie am 24. September 1942 kurz vor ihrer Deportation abgeben musste, gab Betty an, ihr Ehemann sei in die USA ausgewandert.

Zu Betty Lewinskis Leben konnten nur wenige Hinweise gefunden werden, die sich vor allem auf ihre Angaben in der Vermögenserklärung stützen. Bei der „Internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem” wurden von einer Kusine Gedenkblätter für Betty und ihre Schwester Frieda hinterlegt, aus denen der Name der Mutter Franziska hervorgeht.

Anhand der Berliner Adressbücher konnte nicht geklärt werden, wo der Lebensmittelpunkt des Ehepaares Alfred und Betty Lewinski war. Da zu Alfred Lewinski keine Angaben vorhanden sind, konnte er nicht zweifelsfrei unter den in den Adressbüchern der Jahrgänge 1926 bis 1938 ausgewiesenen Männern mit Namen Alfred Lewinski identifiziert werden.

Auch Betty Lewinski ist zu keinem Zeitpunkt im Berliner Adressbuch zu finden. Bei der Volkszählung 1939 wurden sie und ihre Schwester Frieda Behrendsohn unter der Adresse Kaiserdamm 13 in Berlin-Charlottenburg erfasst. Es ist vermerkt, dass sie von ihrem Ehemann Alfred Lewinski getrennt war, was bedeuten mag, dass die Behörden von dessen Verbleib nichts wussten, weil er vermutlich schon vorher in die USA geflohen war.

Aus ihrer Vermögenserklärung geht hervor, dass Betty Lewinsky zur Zwangsarbeit bei dem „Deutsche Waffen- und Munitionswerk Borsigwalde“ in Reinickendorf verpflichtet worden war. Ihr letzter Lohn in Höhe von 32,76 Reichsmark wurde am 7. Januar 1943 an die Oberfinanzkasse des Deutschen Reiches überwiesen.

Seit Mai 1941 wohnte sie nicht mehr am Kaiserdamm, sondern lebte in einem möblierten Zimmer in der Motzstr. 91, Seitenflügel, 3. Stock, zur Untermiete bei Seydlitz-Kurzhach, für das sie die Miete bis September 1942 entrichtet hatte. Dorthin war sie zwangsweise „umgesiedelt” worden. Von hier aus begann ihr Weg in den Tod.

Betty Lewinski musste sich in der von den Nationalsozialisten als „Sammellager” missbrauchten Synagoge in der Levetzowstraße 7-8 einfinden und wurde von dort am 26. September 1942 vom Güterbahnhof Moabit nach Raasiku bei Reval (heute Tallinn, Estland) deportiert. Ihr Name ist unter der Nummer 770 in der Transportliste aufgeführt.

Mit diesem sogenannten „20. Osttransport” (Welle 32) wurden 812 Berliner Juden und Jüdinnen deportiert. In Moabit wurde ein Zug angekoppelt, der am 24. September aus Frankfurt/Main mit weiteren 237 Nazi-Opfern abgegangen war. Nach Ankunft in Raasiku am 30. September 1942 kam ein Teil der Deportierten in das offiziell als „Arbeitserziehungslager” bezeichnete KZ Jägala, ein weiterer kleiner Teil in ein Arbeitslager in der Nähe von Reval. Die übrigen Menschen wurden direkt nach der Ankunft in einem nahe gelegenen Waldgebiet (Kalevi-Liiva) erschossen. Betty Lewinski erlitt vermutlich dieses Schicksal.

Recherche und Text: Stiftung KUNSTFORUM der Berliner Volksbank gGmbH und Sabine Davids
Quellen:
- Berliner Adressbücher
- Entschädigungsbehörde Berlin
- Gedenkbuch Bundesarchiv
- Yad Vashem
- Deportationsliste
- Alfred Gottwald, Diana Schulte: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, eine kommentierte Chronologie. marixverlag, Wiesbaden 2005

Stolperstein Bertha Blau

Stolperstein Bertha Blau

HIER WOHNTE
BERTHA BLAU
GEB.FISCHL
JG.1867
FLUCHT 1939
USA

Bertha Blau geb. Fischl wurde am 30. Juni 1867 in Prag geboren. Ihre Eltern waren Alois Fischl und Wilhelmine geb. Taussig, die aus Tschechien stammten.

Bertha war das achte von zwölf Kindern, die alle in Prag geboren wurden:

  • Caroline Marcus * 28.02.1858 – 10.11.1943 in Ohio, USA
  • Ernst Fischl * 28.01.1860 – 1939 in Prag (CS)
  • Helene Heller * 04.11.1861 – 30.08.1929 in Teplitz (CS)
    Robert Fischl * 19.12.1862 – 03.04.1902 in New York, USA
  • Rosa Buka * 18.01.1864 – 02.01.1940 in Berlin
  • Hermine Kind * 27.05.1865 – 04.01.1954 in New Jersey, USA
  • Leopold Fischl *10.06.1866 – ?
  • Bertha Blau * 30.06.1867 – 1955 in Connecticut, USA
  • Emil Fischl * 26.11.1868 – 2.08.1933 in New York, USA
  • Oskar Fischl * 18.12.1872 – ?
  • Paul Fischl * 12.06.1874 – 14.02.1927 in Pennsylvania, USA
  • Sofia Fischl * Geburts- und Sterbedaten unbekannt

Bertha Fischl heiratete am 1. Februar 1894 den Berliner Sanitätsrat Dr. Louis Blau (geb. 11. September 1848), der auf Ohrenheilkunde spezialisiert war und hierzu ein medizinisches Fachbuch veröffentlicht hatte.

Buchdeckel "Die Erkrankungen des Gehörganges bei Masern und bei Influenza" von Louis Blau

Buchdeckel "Die Erkrankungen des Gehörganges bei Masern und bei Influenza" von Louis Blau

Das Ehepaar lebte in Berlin – bis 1903 in der Potsdamer Straße 31a in Schöneberg und ab 1904 in der Genthiner Straße 16 in Mitte. Sie hatten zwei Kinder, die beide in Berlin geboren wurden: Charlotte am 25. November 1894 und Rudolf am 22. September 1896.
Am 21. Juni 1920 verstarb Dr. Louis Blau und wurde auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt.

Todesanzeige Louis Blau

Todesanzeige Louis Blau

Die Witwe Bertha Blau wohnte noch bis 1931 in der Genthiner Straße 16, dann in der Schlangenbader Straße 89. Nach der Flucht ihrer Kinder zog sie zu ihrer Nichte Marie Blau geb. Marcus an den Kaiserdamm 13 in Charlottenburg. Marie Blau war die Tochter von Berthas ältester Schwester Caroline. Zum Zeitpunkt der Volkszählung 1939 waren sowohl Marie, als auch Bertha Blau hier gemeldet.

Porträt Bertha Blau

Porträt Bertha Blau

Bertha Blaus Sohn Rudolf studierte – wie sein Vater Louis – Medizin und promovierte als praktischer Arzt. Er heiratete Edith Behrendt, die 1934 den Sohn William gebar. Bis zur Emigration 1938 lebte die Familie in der Brunnenstraße 76 in Berlin-Mitte. Dr. Rudolf Blau flüchtete bereits 1936 in die USA, da er – wie nahezu alle jüdischen Ärzte – von beruflichen Einschränkungen, bzw. Berufsverbot betroffen war. Seine Frau Edith und Sohn William kamen 1938 nach.

Der Sohn William berichtete später darüber, dass sein Vater die „Zeichen an der Wand” rechtzeitig erkannt hatte „and so he arranged to go ahead to establish a practice in America and then send for his wife and son, and later, his mother Bertha. My father tells a story of just before he and my grandmother Edith left Germany. Edith was summoned to the Gestapo office and was terrified that she wouldn’t come back. She told her sister, Hilda Behrend, “If I don’t come back, find a way to get the boy to his father in America.” When she went to the Gestapo office, the officer asked her, “You and your son have tickets to the ship and visas?” He asked to see all the paperwork, and when she showed it to him, he said, “Make sure you are on the ship without fail.” I’m so thankful that my grandparents and father were able to stay safe and leave Germany in time, and get to America.“

Am 2. August 1939 konnte also auch Bertha Blau zu ihrem Sohn Rudolf und seiner Familie in die USA fliehen. Sie starb 1955 in Waterbury, Connecticut.

Bertha Blau, 1953

Bertha Blau, 1953

Von Berthas Enkel William wird überliefert, dass er ein sehr enges Verhältnis zu seiner Großmutter hatte. Sein Sohn Robin Greenwald-Blau berichtete 2021:
„I did speak to my father, William Blau. He has very fond memories of living in Waterbury, Connecticut, where the family settled, with his grandmother Bertha. They had a very special relationship, sharing in particular a love of classical music. Bertha was a piano player and my father thinks she also gave piano lessons. She is described by my father as a gentle soul, who was very good to him.”

Bertha Blaus Tochter Charlotte heiratete Dr. Max Kurrein, der zunächst Dozent an der Technischen Hochschule in Berlin war und 1923 zum Professor berufen wurde. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, die beide in Berlin zur Welt kamen: Fritz Georg 1918 und Ina 1922. Vater, Mutter und Tochter flohen bereits im Dezember 1933 nach Palästina, der Sohn Fritz nach England.

Recherche und Text: Stiftung KUNSTFORUM der Berliner Volksbank GmbH und Sabine Davids
Quellen:
- Berliner Adressbücher
- www.geni.com
- Angaben der Nachkommen

Die detaillierte Familiengeschichte ist als Download angefügt.

  • Bertha Blau, Biografie

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Stolperstein Marie Blau

Stolperstein Marie Blau

HIER WOHNTE
MARIE BLAU
JG.1881
FLUCHT 1941
USA

Marie Amalie Blau wurde am 10. August 1881 als zweites Kind von Theodor Philipp Marcus und seiner Frau Caroline geb. Fischl in Berlin-Pankow geboren. Marie hatte drei Brüder:
  • Alois Abraham Franz, der am 10. März 1880 in Berlin zur Welt kam und in die USA floh,
  • Ernst Johann, der am 5. Juni 1883 in Berlin geboren wurde. Er flüchtete nach Frankreich und verstarb am 22. Juli 1941 im Lager Saint Cyprien.
  • Adolf Carl Ludwig, der am 10. August 1890 ebenfalls in Berlin das Licht der Welt erblickte und ebenfalls in die USA flüchtete.

Am 1. Februar 1903 heiratete Marie Amalie Marcus den 16 Jahre älteren Chemiker Dr. Fritz Blau (*5. April 1865 in Wien). Er war der Cousin ihrer Mutter.

Marie Blau

Marie Blau

Fritz Blau hatte 1886 als Chemiker an der Universität Wien promoviert und trug maßgeblich zur Entwicklung der Glühlampe bei. So meldete er in Berlin bereits ein „Verfahren zur Herstellung und Reparierung von elektrischen Glühlampen” zum Patent an, bevor er bei der „Deutschen Gasglühlicht-Aktiengesellschaft (Auer-Gesellschaft)“ arbeitete. Hier wurde die Metallfaden-Lampe entwickelt, die erstmals leistungsfähige Glühbirnen mit Wolframfäden für Industrie-, Straßen- und Hausbeleuchtungen auf den Markt brachte. Das neue Produkt wurde am 10. März 1906 mit dem Warenzeichen OSRAM beim kaiserlichen Patentamt angemeldet und am 17. April 1906 in die Warenzeichenrolle des Patentamtes aufgenommen. Die Wortschöpfung OSRAM – zusammengesetzt aus den chemischen Elementen Osmium und Wolfram, die in den Glühfäden verwandt wurden – wird Dr. Fritz Blau zugeschrieben. Dr. Fritz Blau erhielt über 180 Patente.

1904 lebte das Ehepaar mit den beiden Kindern Dorothea Klara, geb. am 15. Dezember 1903, und Theodor Joseph, geb. am 10. Mai 1907, in Berlin am Wittenbergplatz 1. Ab 1912 wohnten sie in der Bayreuther Straße 38. Dort starb Maries Ehemann am 5. Dezember 1929 im Alter von 64 Jahren.

Erst 1933 gab die Witwe Marie Blau diese langjährige Wohnung auf und zog an den Kaiserdamm 13. Hier lebte sie auch nach der Flucht ihrer Kinder zum Zeitpunkt der Volkszählung im Mai 1939. Sie nahm ihre Tante Bertha Blau geb. Fischl, nach deren Auszug aus der Schlangenbader Straße 89 in ihre Wohnung auf. Bertha Blau flüchtete am 2. August 1939 zu ihrem Sohn Rudolf und dessen Familie in die USA.

Auch Marie Blau gelang es, mit Hilfe der bereits in die USA geflohenen Brüder Alois und Adolf Marcus sowie ihrer Kinder Dorothea und Theodor aus Deutschland zu fliehen. Die Tochter Dorothea war 1938 mit ihrem Ehemann Dr. Ernest Blumenthal und ihren Kindern Margrit und Steffi nach New York geflohen. Der Sohn Theodor hatte sich nach der Flucht mit seiner Ehefrau Gerda und den Kindern in East Orange, New Jersey, niedergelassen.

Marie Blau verbrachte Ihre letzten Lebensjahre bei ihren Brüdern Alois und Adolf und deren Familien in Cincinatti, Ohio. Dort starb sie am 16. Februar 1944.

Recherche und Text: Stiftung KUNSTFORUM der Berliner Volksbank GmbH und Sabine Davids
- Berliner Adressbücher
- www.geni.com
- Angaben der Nachkommen

Die detaillierte Familiengeschichte ist als Download angefügt.

  • Marie Blau, Biografie

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