Stolperstein Kreuznacher Str. 40

Hauseingang Kreuznacher Straße 40

Hauseingang Kreuznacher Straße 40

Dieser Stolperstein wurde am 16. Juni 2022 verlegt und von Gregory Zieren gespendet.

Stolperstein Betty Lautensack

Stolperstein Betty Lautensack

HIER WOHNTE
BETTY LAUTENSACK
GEB. EISNER
JG. 1880
SEIT 1936
VERSTECKT GELEBT
ÜBERLEBT

Betty Lautensack wurde am 26. August 1880 in Berlin als Bertha Eisner in eine jüdische Familie hineingeboren. Ihre Mutter war Rosalie Eisner geb. Goldmann, der Vater Louis Eisner war Kaufmann. Sie hatte einen älteren Bruder, der sehr jung starb und eine jüngere Schwester Ernestine, über die nichts weiter bekannt ist. Als Varieté-Sängerin und Schauspielerin wurde sie unter dem Namen Betty (auch Betti) Eisner bekannt.

Am 13. Januar 1910 heiratete sie den Kabarettisten und Schriftsteller Heinrich Lautensack (*15. Juli 1881 in Vilshofen; † 10. Januar 1919 in Eberswalde) und lebte mit ihm in der Gieselerstraße 16 in Berlin-Wilmersdorf. Aus dieser Ehe soll eine Tochter hervorgegangen sein, über die keine weiteren Informationen zu finden waren. Nach dem Tod ihres Ehemannes blieb Betty Lautensack bis 1930 in dieser Wohnung und war in den Berliner Adressbüchern als Schauspielerin bzw. Sängerin verzeichnet. 1931 zog sie in die Kreuznacher Straße 40. Nach 1939 gab es keinen Eintrag mehr für sie.

In den 30er-Jahren lernte Betty Lautensack den zehn Jahre jüngeren nicht-jüdischen Filmproduzenten Kurt Nehrke (* 1890) kennen. Nach dem Tod von dessen erster Frau 1935 entwickelte sich zwischen ihm und Betty Lautensack eine engere Beziehung. Aber wegen der „Nürnberger Gesetze” von 1935 durften die beiden nicht heiraten. Kurt Nehrke zog 1936 zu Betty in die Kreuznacher Str. 40. Trotzdem war er bis 1938 in den Adressbüchern als Spielleiter und Filmproduzent weiterhin in der Friedrichstraße in Berlin-Mitte zu finden. 1939 und 1940 gab es keine Einträge mehr.

Ab 1941 war Kurt Nehrke dann in der Kreuznacher Straße 40 offiziell gemeldet, als Betty Lautensack dort schon nicht mehr verzeichnet war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einträge in den Adressbüchern den Stand der Dinge nicht immer jahresgenau widerspiegeln, da zwischen der Anmeldung in einer Wohnung, der Registrierung für den Eintrag im Adressbuch und der Drucklegung Monate – wenn nicht mehr als ein Jahr – verstrichen.

Betty Lautensack und Kurt Nehrke lebten also seit 1936 gemeinsam in der Kreuznacher Straße 40, in der ursprüngliche Betty gemeldet war. Als die Bedrohung durch die Nazis für sie als Jüdin immer größer wurde, meldete Kurt Nehrke sich dort offiziell an. Er arbeitete weiter in der Filmbranche und behauptete später, dass die Wohnung von der Gestapo überwacht worden sei. Betty galt als „abgängig“. Sie war in der eigenen Wohnung untergetaucht. Die beiden hatten hinter einem Schrank ein Loch in der Wand ausgehoben. In diesem Wandverschlag konnte Betty sich im Notfall verstecken. So haben beide überlebt und konnten 1945 heiraten.

Nach Endes des Krieges wurden auf Anordnung der Alliierten in allen Besatzungszonen „Ausschüsse für die Opfer des Faschismus” (OfD) eingerichtet, die sich insbesondere um Wiedergutmachung und Unterstützung für die überlebenden Verfolgten kümmerten – aber auch um die Identifizierung der Täter. Betty Nehrke war Mitglied im „Hauptausschuss der Opfer des Faschismus“, der im Sommer 1945 in Berlin gegründet wurde und sich als überparteilich mit gesamtdeutschem Anspruch verstand. Er war ein Vorläufer der seit 1947 bis heute bestehenden „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN). Sie starb am 20. November 1947 an einem Herzklappenfehler, Kurt Nehrke zehn Jahre später.

Recherche und Text: Gregory Zieren
Quellen:
- Berliner Adressbücher
- Lautensack, Heinrich – PDF Free Download (docplayer.org)
- OdF-Ausschüsse – Wikipedia