Stolpersteine Fechnerstr. 17 (früher Walter-Fischer-Str. 17)

Hauseingang Fechnerstraße 17

Hauseingang Fechnerstraße 17

DIe Stolpersteine für Ruth und Hans Blach wurden am 24. März 2023 verlegt.

Stolperstein Ruth Blach

Stolperstein Ruth Blach

HIER WOHNTE
RUTH BLACH
GEB. UNGER
JG. 1922
VERSTECKT GELEBT
DEPORTIERT 4.8.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Ruth Charlotte Unger wurde am 25. März 1922 geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Siegmund Unger und die Kindergärtnerin Edith Unger geb. Boehm. Ruth hatte einen 2 Jahre jüngeren Bruder, den am 27. Januar 1924 geborenen Heinz (Max Karl), der sich nach seiner Flucht nach Palästina Zvi Unger nannte. Die Eltern Siegmund und Edith hatten 1921 geheiratet, ließen sich aber schon 1926 wieder scheiden.
Edith Unger heiratete daraufhin am 30. März 1929 im Standesamt des Rudolf–Virchow–Krankenhauses den Kaufmann Max Koppel (*6. Februar 1894). Die Familie bezog eine gemeinsame Wohnung in der Badenschen Straße 6 in Schöneberg.
Max Koppel hatte 2 Kinder aus seiner ersten Ehe mit Hertha Tietz, Erich und Evelyne, die vermutlich bei der Mutter in Zehlendorf lebten.
Es ist nicht bekannt, unter welchen Umständen die Familie Unger/Koppel die erste Zeit des Nationalsozialismus verlebt hat. Heinz Unger und Evelyne Koppel erkannten frühzeitig, welches Schicksal sie ereilen würde und emigrierten. Heinz nach Palästina und Evelyne nach Amerika.
Ruth heiratete 1942 den 1917 in Stralsund geborenen Lederwarenhändler Hans Blach und zog mit ihm – vermutlich zur Untermiete – in die Walter–Fischer–Straße 17 (heute Fechnerstraße). Hans hatte bis dahin bei seinem Vater Carl-Phillip Blach in der Schöneberger Karl-Schrader Straße 1 gewohnt. Angaben ihres Bruders zufolge war Ruth Krankenpflegerin.

Hochzeitsfoto Ruth und Hans Blach

Hochzeitsfoto Ruth und Hans Blach

Ruth und Hans Blach und Edith und Max Koppel gingen 1942 angesichts der drohenden Deportationen in den Untergrund. Der Buchhalter Helmut Bucksch gewährte ihnen ebenso wie Edith Langer geb. Tichauer an verschiedenen Orten Zuflucht. Edith Langer war eine entferntere Verwandte von Ruth, deren Großmutter Clara ebenfalls Tichauer hieß.
Am 29. Juni 1943 wurde gegen 12 Personen, die der „Hehlerei, Begünstigung des Wuchers, der Urkunden- und Passfälscherei, des Kriegswirtschaftsverbrechens und der Entziehung der Evakuierung“ beschuldigt waren, Anklage erhoben:
„Edith Langer hat seit einem Jahr die Jüdin Edith Sara Koppel und vorübergehend auch den Juden Max Israel Koppel sowie deren Tochter Ruth Sara Blach verborgen gehalten und beherbergt, sodass sich alle drei der Evakuierung entziehen konnten. Sie ging sogar so weit, den Obengenannten gültige Postausweise zu besorgen und zu fälschen. …….Für die Beherbergung belieferte Koppel die Familie Langer mit Lebensmitteln und Lebensmittelkarten, die er im Schwarzhandel erwarb….“
….Bucksch hat die Eheleute Blach seit Monaten beherbergt, damit sie sich der Evakuierung entziehen konnten. Für sein Entgegenkommen wurde er mit Zigaretten u.a. Waren beliefert. Er ist der Begünstigung und des Verstoßes gegen die Verbrauchsregelungsstrafverordnung überführt…..
Der in diesem Vorgang mehrfach genannte Hauptschieber Max Israel Koppel, 6.2.94 Berlin geb. konnte am 27.6.43 in der Wohnung des Justizsekretärs Langer, Hans, 18.7.92 Berlin geb., Bandelstraße 12 wohnhaft überraschend festgenommen werden.“

Die verhafteten Jüdinnen und Juden wurden deportiert und ermordet, eine von ihnen starb im Berliner Gestapogefängnis, ihre Helferinnen und Helfer zu Haftstrafen verurteilt.
Ruth Blach und ihre Mutter Edith wurden einen Monat nach ihrer Verhaftung mit dem 40. Osttransport am 4. August 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Hans Blachs Deportation war – zusammen mit Max Koppel – für den 28. September 1943 vorgesehen. Er konnte aus dem Deportationszug fliehen, wurde aber wieder aufgegriffen und am 29. Oktober 1943 endgültig nach Auschwitz verschleppt, wo er ermordet wurde.

Ruths Vater Siegmund Unger wurde am 10. Januar 1944 zunächst nach Theresienstadt deportiert, am 29. September desselben Jahres weiter nach Auschwitz, wo er ums Leben gebracht wurde.
Ihr Stiefvater Max Koppel überlebte das Vernichtungslager Auschwitz. Er kehrte nach Berlin zurück und lebte in der Babelsberger Straße 52. 1954 starb er im Haus seiner ersten Ehefrau in Zehlendorf an Herzversagen.

Recherche und Text: Karin Sievert Stolperstein Initiative Charlottenburg – Wilmersdorf
Quellen:

Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945

Brandenburgisches Landeshauptarchiv www.blha.de

Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten – Entschädigungsbehörde

Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin

Landesarchiv Berlin 

Deportationslisten

Mapping the lives
Arolsen Archiv
Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“

Yad Vashem – Opferdatenbank

Gedenkbuch Stralsund

Stolperstein Hans Blach

Stolperstein Hans Blach

HIER WOHNTE
HANS BLACH
JG. 1917
VERSTECKT GELEBT
DEPORTIERT 29.10.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Hans Joachim Blach wurde am 16. August 1917 als Sohn des Lederwarenhändlers Carl-Philipp Blach und seiner Frau Louise Blach, geb. Körbchen in Stralsund, Barther Straße 6 geboren. Schon in seiner Jugend arbeitete er im väterlichen Geschäft “Lederwaren en gros” , später “Lederwaren Gebr. Blach”, in der Heilgeiststraße 89 in Stralsund zusammen mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Gerd. Die Ausbildung außerhalb des väterlichen Betriebes blieb ihm, wie auch seinem Bruder, aufgrund von antisemitischen Repressalien verwehrt.

Hans Blach Passfoto

Hans Blach Passfoto

Hans Blach hatte 1942 Ruth, geb. Unger, (geb. 25. März 1922 in Berlin) geheiratet. Sie lebten in der Walter-Fischer-Straße 17 in Berlin Wilmersdorf.
Die 21-jährige Ruth Blach wurde mit dem 40. Osttransport am 04. August 1943 nach Ausschwitz deportiert. Hans und Gerd Blach waren vermutlich bereits 1942 in den Untergrund gegangen. Sein Bruder Gerd wurde mit dem 41. Osttransport am 24. August 1943 nach Auschwitz deportiert. Hans Joachim Blach konnte Ende September 1943, wie von Marten Düring geschrieben, gemeinsam mit einem Bekannten (Hermann Deutsch) aus einem Deportationszug fliehen. Kurzzeitig wurde er von Karl Deibel betreut, welcher ein enger Vertrauter von Otto Weidt, dem Arbeitgeber von Blachs Vater war. Ende Oktober 1943 wurde Hans Joachim Blach dann aber schließlich doch am 29. Oktober 1943 mit dem 45. Osttransport nach Ausschwitz deportiert. Laut dem Berliner Gedenkbuch gilt er als “verschollen”.
Die Biografie wurde mit Genehmigung dem Gedenkbuch Stralsund entnommen.

Hans, Carl-Phillip und Gerd Blach

Hans, Carl-Phillip und Gerd Blach

Quellen:
1. Robert Kain: Otto Weidt
2. Familienarchiv Blach
3. Stadtarchiv Stralsund
4. Geschäftschronik Carl-Philipp Blach
5. Yad Vashem Dokument Zvi Unger