Stolpersteine Wundtstr. 62

Hausansicht Wundtstraße 62

Hausansicht Wundtstraße 62

Die Stolpersteine für Johann, Marta und Benno Laskau wurden am 24. Juni 2023 in Anwesenheit des Enkels Michael Laskau und seiner Familie verlegt und von ihm gespendet.

Stolperstein Johann Laskau

Stolperstein Johann Laskau

HIER WOHNTE
JOHANN LASKAU
JG. 1864
DEPORTIERT 19.11.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 17.1.1943

Johann (Hans) Laskau kam am 5. März 1864 in Zossen in der damaligen Mark Brandenburg als Sohn des Hermann Laskau (1821-1878) und dessen Ehefrau Florentine, geb. Hirschfeld (1832-1915) zur Welt. Er heiratete Marta Laskau geb. Bluhm, die am 13. April 1885 in Konitz im damaligen Westpreußen (heute Chojnice in der Woiwodschaft Pomorskie) geboren wurde.

Johann und Marta Laskau mit den Söhnen Benno und Helmut.

Der Textil – Kaufmann Johann Laskau besaß seit dem Tod seiner Eltern ein Mietshaus an der Berliner Straße 142. Hier lebte er mit seiner Frau Marta und den beiden Söhnen Helmut und Benno bis 1924. Nachdem er dieses Haus verkaufen musste, wohnte die Familie in der Wundtstraße 62 (bis 1936 Königsweg 28) im Gartenhaus, II. Stock in einer 3-Zimmer-Wohnung mit Perserteppichen, Ölgemälden, Rosenthal-Porzellan, Silberbesteck und weiteren Wertgegenständen. Es ging der Familie gut, bis die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen und ihre mörderische Rassenpolitik umsetzten.

Postkarte Familie Laskau

Der ältere Sohn Helmut, der am 12. September 1916 in Berlin geboren wurde, floh nach einer mehrmonatigen Inhaftierung im Arbeitslager 1938 nach Kuba.

Von dort schrieb er eine Postkarte an seine Eltern:

Havanna, den 6.12.1938
„Meine lieben Eltern! Ich glaube, ich habe in meinen Briefen nicht übertrieben, denn umseitige Ansicht ist doch wirklich entzückend. Das Telegramm v. Amerik. Konsul hier direkt nach Berlin werde ich vom Comitée bezahlt bekommen. Sonst ist in der Zwischenzeit nichts vorgefallen, ich bin ganz ok. Handschriftlich: Mit den herzlichsten Grüßen und 1000 Küssen. Euer Sohn Helmut. Ich wünsche Euch allen ein gutes Chanukka-Fest verlebt in Freuden. Gute Besserung für Tante Hann.”

Diese Postkarte überdauerte den Krieg in einem Buch, das die Mutter des Berliners Will-Fred Bolle 1987 aus dem Müll rettete und ihrem lesehungrigen Sohn gab. Der fand darin diese Postkarte und begann eine Jahrzehnte dauernde Recherche der Familiengeschichte der Laskaus bis er die Nachkommen von Helmut Laskau in den USA fand.

Henry Laskau mit seinem Sohn Howard 1955

Helmut Laskau emigrierte von Kuba in die USA. Dort änderte er seinen Vornamen zu Henry und gründete eine Familie. Er war schon in Berlin ein bekannter Sportler gewesen und nahm in den USA als Geher an vielen nationalen und internationalen Wettkämpfen und auch an Olympischen Spielen teil.

1996 wurde Henry Laskau in die „International Jewish Hall of Fame” aufgenommen, 1997 in die amerikanische „National Track and Field Hall of Fame”. Er starb im Mai 2000 in Florida und hinterließ seine Frau Hilde und die Söhne Howard und Michael.

Johann und Marta Laskaus jüngerer Sohn Benno wurde nach einem gescheiterten Fluchtversuch im besetzten Frankreich verhaftet und in Auschwitz umgebracht.

Das Ehepaar Johann und Marta Laskau wurde am 19. November 1943 mit dem sog. „74. Alterstransport” vom Anhalter Bahnhof zusammen mit weiteren 98 jüdischen Berlinerinnen und Berlinern in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Johann Laskau kam dort am 17. Januar 1943 um. In der Todesfallanzeige wurde als Todesursache Lungenentzündung und Herzlähmung angegeben.

Man weiß aber heute, dass die dokumentierten Todesursachen häufig verschleierten, dass die im Ghetto eingesperrten Menschen aufgrund mangelnder Ernährung und medizinischer Versorgung, an Seuchen und den allgemein menschenunwürdigen und lebensfeindlichen Bedingungen verstarben oder erfroren.

Von Marta Laskau, die zum Zeitpunkt des Todes ihres Mannes laut dieser Todesfallanzeige noch lebte, ist kein genaues Todesdatum überliefert.

Biografische Zusammenstellung: Gisela Morel-Tiemann auf der Basis der Recherche von Will-Fred Bolle und Hannes Schrader

Fotos: Familienarchiv von Howard und Michael Laskau

Quellen:
- Berliner Adressbücher
- histomap berlin
- Volkszählung v. 17.5.1939
- Berliner Gedenkbuch der FU
- Gedenkbuch des Bundesarchivs
- Johann Laskau | Opferdatenbank | Holocaust
- USHMM: Interview mit Henry Laskau: https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn520340
- Hannes Schrader: Die Postkarte des Henry Laskau (spiegel.de)
- Henry Laskau – Wikipedia

Stolperstein Marta Laskau

Stolperstein Marta Laskau

HIER WOHNTE
MARTA LASKAU
GEB. BLUHM
JG. 1885
DEPORTIERT 19.11.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 7.5.1943

Stolperstein Benno Laskau

Stolperstein Benno Laskau

HIER WOHNTE
BENNO LASKAU
JG. 1920
FLUCHT 1939 KUBA
MS ST. LOUIS
EINREISE VERWEIGERT
INTERNIERT DRANCY
DEPORTIERT 31.8.1942
AUSCHWITZ
ERMORDET

Bruno Benno Laskau wurde am 11. Juli 1920 als zweiter Sohn des Ehepaares Johann und Marta Laskau in Berlin geboren. Die Familie lebte zunächst in der Berliner Straße 142 und zog 1924 in die Wundtstraße 62 (damals Königsweg 28). Hier lebten sie im Gartenhaus in guten Verhältnissen in einer 3- Zimmer-Wohnung. Das änderte sich nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 und deren zunehmend radikalere Rassenpolitik.

Bennos älterer Bruder Helmut (geb. 12. September 1916) wurde 1938 in einem Arbeitslager inhaftiert, dem er durch die Hilfe eines ihm bekannten Aufsehers entkommen konnte. Er floh 1938 über Belgien und Frankreich nach Kuba. Er nahm einen Kredit auf, um auch seinem Bruder Benno die Flucht zu ermöglichen. Später emigrierte er in die USA und änderte seinen Vornamen in Henry.

Benno Laskau konnte am 13. Mai 1939 tatsächlich auf der St. Louis, einem Passagierschiff der Reederei Hapag Lloyd, die Reise nach Kuba antreten. Die weiteren 936 Passagiere waren meist jüdische Menschen, die aus Nazi-Deutschland fliehen wollten. Als das Schiff vierzehn Tage später in der Bucht vor Havanna vor Anker ging, verweigerten die Behörden die Anlegeerlaubnis. Die Flüchtlinge durften trotz gültiger Visa nicht nach Kuba einreisen. Bemühungen des Kapitäns und jüdischer Organisationen, eine Anlegeerlaubnis für die St. Louis in den USA oder Kanada zu erwirken, scheiterten ebenfalls. Das Schiff musste nach Europa zurückfahren und durfte am 17. Juni 1939 in Antwerpen anlegen. Die Passagiere wurden auf verschiedene Länder verteilt.

Benno Laskau kam nach Frankreich und wurde nach der Besetzung im Juni 1940 durch die Deutsche Wehrmacht im berüchtigten SS-Sammellager Drançy bei Paris interniert. Von dort wurde er am 31. August 1942 mit dem 26. RSHA Transport (Zug 901-21) zusammen mit 1000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern von der Bahnstation Le Bourget – Drançy in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Dort wurde Benno Laskau im Alter von 22 Jahren ermordet. Ein genaues Todesdatum ist nicht bekannt.

Biografische Zusammenstellung: Gisela Morel-Tiemann auf der Basis der Recherche von Will-Fred Bolle und Hannes Schrader

Quellen:
- Berliner Gedenkbuch der FU
- Gedenkbuch des Bundesarchivs
- LASKAU_Bruno – Mémorial de la Shoah (memorialdelashoah.org)
- Transport 31.08.1942 Drancy (tenhumbergreinhard.de)
- Die Postkarte des Henry Laskau (spiegel.de)
- USHMM: Interview mit Henry Laskau: https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn520340
- Irrfahrt der St. Louis – Wikipedia