Stolpersteine Pariser Straße 17

Hauseingang Pariser 17

Hauseingang Pariser 17

Die Stolpersteine wurden am 19.03.2011 verlegt und von Peer Dethloff, Claudia und Jürgen Kossmann, alle Berlin, gespendet.

Stolperstein für Martha Fleischer

Stolperstein für Martha Fleischer

HIER WOHNTE
MARTHA FLEISCHER
GEB. FLEISCHER
JG. 1876
DEPORTIERT 11.8.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 15.12.1942

Martha Fleischer, geb. Fleischer wurde am 28. November 1876 in Greifenberg (Pommern) geboren. Sie war mit Max Fleischer verheiratet, der im Dezember 1913 starb.
Max und Martha bekamen drei Kinder: Alfred, geboren am 13. Dezember 1896, Hertha, geboren am 9. Dezember 1897 und Erich, geboren am 28. Januar 1902, alle in Berlin.

Max Fleischer kaufte 1906 oder 1907 die Firma „Deutsches Waren- und Möbelkredithaus Gustav Gärisch“ vom gleichnamigen Gründer. Das Geschäft befand sich am Stralauer Platz 1-2. In seinem Testament bestimmte Max Fleischer seine Frau Martha als alleinige Inhaberin der Firma, nach deren Tod sollten die Brüder Erich und Alfred die Firma erben.

Alfred Fleischer trat 1922 in die Firma seiner Mutter ein. Zuvor hatte er eine kaufmännische Lehre bei dem großen Möbelausstatter Paul Redelsheimer (geboren 1873 in Berlin, ermordet 1942 im Lager Theresienstadt) absolviert. Er übernahm in dem mütterlichen Geschäft den Verkauf, während Martha Fleischer der gesamte Einkauf oblag. Die Firma verkaufte Möbel an Beamte und Angestellte auf Teilzahlungsbasis. 1931 wurde die Firma vergrößert und zog in die Landsberger Straße 108.
Am 1. April 1933, nachdem die Nazis zum Boykott der jüdischen Geschäfte aufgerufen hatten, wurden die Schaufensterscheiben der Firma eingeschlagen. Die Familie schloss unter dem Druck der Ereignisse die Geschäftsräume in der Landsberger Straße und verlegte den Firmensitz in die Privaträume in der Pariser Straße 17. Das Warenlager wurde nach Charlottenburg verlegt.
Die Außenstände betrugen zu der Zeit etwa 125 000 Mark. Die Firma arbeitete in ganz kleinem Rahmen bis 1938/39 unter dem Namen „Alfred Fleischer, Möbelvertrieb“ weiter, hauptsächlich, um die Schulden zu kassieren. Das erwies sich als kaum möglich, da die Kunden unter dem Einfluss der zunehmenden Judenfeindlichkeit einfach die Raten an die jüdischen Geschäftsinhaber nicht zahlten. Zwei Drittel der Außenstände gingen so der Familie verloren.

Obwohl die Pariser Straße 17 als letzter frei gewählter Wohnsitz Martha Fleischers galt, lebten sie und ihr Sohn Alfred ab 1940 in der Pariser Straße 11 in der 2. Etage. Dies geht aus einem Dokument hervor, das „Der Treuhänder der Amerikanischen, Britischen und Französischen Militärregierung für zwangsübertragenen Vermögen“ 1955 ausgestellt hat. Offensichtlich wurden sie nach der erzwungenen Geschäftsaufgabe auch aus ihrer alten Wohnung vertrieben.

Martha Fleischer wurde am 11. August 1942 über das Sammellager Große Hamburger Straße 26 vom Anhalter Bahnhof nach Theresienstadt deportiert. Sie wurde dort am 15. Dezember 1942 umgebracht.
Ihr Sohn Alfred wurde am 1. März 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Er war unverheiratet und kinderlos.

Stolperstein für Hertha Koh

Stolperstein für Hertha Koh

HIER WOHNTE
HERTHA KOH
GEB. FLEISCHER
JG. 1897
DEPORTIERT 26.2.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Hertha Koh, geb. Fleischer ist am 6. Dezember 1897 in Berlin geboren. Sie hatte zwei Geschwister: Alfred und Erich, der Vater Max Fleischer starb 1913. Sie heiratete Leo Koh, der 1935 starb. Die gemeinsame Tochter Senta Koh, geboren am 29. Dezember 1921 in Berlin, heiratete Kurt Pfingst, geboren am 3. August 1903 in Bischofsburg (Ostpreußen). Am 25. Juli 1941 wurde der Sohn Denny in Berlin geboren.

Senta und Kurt Pfingst wurden gemeinsam mit ihrem einjährigen Sohn Denny am 15. August 1942 in einem Sonderzug vom Güterbahnhof Berlin-Moabit mit etwa 1000 Menschen (darunter 57 Kindern unter zehn Jahren) nach Riga deportiert und am 18. August ermordet. Kurt Pfingst war zuvor vom 10. November 1938 bis zum 3. Dezember 1938 im Konzentrationslager Buchenwald interniert gewesen. Er war dort in einem Sonderlager untergebracht, das direkt neben dem Appellplatz für die im Zusammenhang mit den Novemberprogromen verhafteten jüdischen Männer notdürftig errichtet worden war.

Hertha Koh lebte mit Mutter Martha und Bruder Alfred in der Wohnung in der Pariser Straße 17. Kurz vor der Deportation wurde sie in die Bamberger Straße 4 zwangsumgesiedelt. Sie wurde am 26. Februar 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Erich Fleischer verließ zu einem unbekannten Zeitpunkt Deutschland. Er legte 1956 dem Entschädigungsamt einen argentinischen Pass vor.

Die Stolpersteine für Martha Fleischer und ihre Tochter Hertha Koh wurden vor dem Haus Pariser Straße 17 verlegt, in dem sich die Familienwohnung befand.

Texte von Karin Sievert

Quellen:
Gedenkbuch der Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945; Entschädigungsamt Berlin; Berliner Adressbuch von 1940; Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora; Gottwaldt/Schulle: Die Judendeportationen. Wiesbaden 2005.

Stolperstein für Martha Löw

Stolperstein für Martha Löw

HIER WOHNTE
MARTHA LÖW
JG. 1872
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
1.9.1942